Eine Wanderung entlang der Erzbahntrasse

Teil 4: Von Salzgitter-Voßpaß nach Salzgitter-Calbecht

Kurz vor der westlichen Einfahrweiche am Bahnhof Voßpaß schwenkt die alte Trasse in einem weiten Bogen nach Norden und quert das Warnetal. Dabei passiert sie auch die ehemalige Hauptbahn nach Börßum, heute Museumsbahn der DG 41 096, und die Straße Bad - Beinum, die heutige B248. Im Farbbild links sieht man den südlichen Bahndamm der Erzbahn, rechts verläuft die Trasse der Warnetalbahn. Das Schwarzweißbild zeigt das gleiche Motiv aus entgegengesetzter Blickrichtung im Jahr 1926.
Das Überqueren der Bahnstrecken und der Warne ist ohne Brücken schwierig. Um auf der nördlichen Talseite wieder auf die Trasse zu gelangen, verläßt man die B248 etwa bei dem Rastplatz am Ortsausgang Bad Richtung Beinum und folgt dem Weg nach Norden hinunter zum Bach.

Mit historischen Unterlagen zum Trassenverlauf wird es nun knapp. Diese am Bach vorgefundenen Brücke aus Stahlbeton könnte durchaus noch von der alten Erzbahn stammen.

Geht man allerdings weiter in Richtung Norden, sind die Spuren der Erzbahn nicht zu übersehen (Trasse rechts unten).

Und bald taucht auch einer der uns bereits vertrauten Kilometersteine auf. Scharrt man ein wenig im Boden, stößt man schnell auf den typischen Schlackensteinschotter der Ilseder Hütte.

Schließlich endet die Trasse unterhab des ehemaligen Schachtes Hannoversche Treue Süd (heute Stadtarchiv Salzgitter) an einem quer aufgeschütteten Wall. Das alte Bergbaugelände ist erreicht. Hier geht es nicht weiter - Naturschutzgebiet.

Hinter der heutigen Hochschule Ostfalia Salzgitter verlaufend erreichte die Bahn den Ortsteil Calbecht. Von den umfangreichen Anlagen der Ilseder Hütte mit der Erzsieberei ist nicht mehr viel zu sehen. Es dominieren die Gebäude der Schachtanlage Hannoversche Treue, der Bahnhof der Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter und Reste der von den Reichswerken erbauten Naßaufbereitung Calbecht.

Wer wissen will, was in Calbecht wirklich los war, muß in die Regalmeter des Clausthaler Bergarchivs einsteigen. Der Übersichsplan aus einer Dienstanweisung von 1926 zeigt in der Mitte den Gleisanschluß zur Grube Hannoversche Treue, nach links folgt die Betriebswerkstätte Engerode, quer dazu liegen auf einem Damm die Übergabegleise 2, 3 und 4 zur Sieberei, welche wiederum oben links angeschlossen ist. Gleis 1 führt abwärts zu einer Materialumladestelle von Normalspurwagen auf Schmalspur. Zusätzlich wurde all das von einem Stellwerk mit Verschlußregister, Drahtzügen und Formsignalen überwacht und gesteuert.

Gehen wir ins Gelände. Die Betriebswerkstatt Engerode beherbergte nach Abriß der Bahnanlage die Bergberufsschule der Erzbergbau Salzgitter AG. Heute gehört das Gelände zur Fa. Schoengen Kunststoff-Rohrsysteme. Unsere Bahn würde mitten aus deren Lkw-Zufahrt herausfahren, die Straße zur Hochschule queren und im schlanken Bogen links heraus auf den Damm zur Sieberei fahren.

Im Bild sehen wir diesen Damm, an dessen Rand natürlich noch zahlreiche Fundamente von Fahrleitungs- und Signalmasten zu finden sind. Auch das Stellwerksfundament war rechts im Dickicht noch zu erahnen, läßt sich aber schlecht fotografieren.

Aus der Blickrichtung des heutigen Regenrückhaltebeckens erkennen wir vor dem Bahndamm eine abwärts führende Rampe, deren Böschung massiv mit Schlackensteinmauerwerk befestigt wurde - das zur Materialumladung führende Gleis 1.

Und danach? Der Bahndamm endet heute am Gleis der Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter. Der Rest der Anlage wurde durch die Baumaßnahmen der Reichswerke überflüssig und abgetragen. Mit dem Aushub wurde angeblich der Bahndamm zur Schachtanlage Wortlah-Ohlendorf aufgeschüttet. Im Bild von 1926 sieht man vollständig, was heute alles fehlt.
Heute fährt man von Engerode kommend unter der Bahnbrücke der VPS durch und dann von links nach rechts durch das Bild. Links steht ein Förderwagen als Denkmal und weiter hinten, wie eine Insel auf dem Acker, markiert eine Baumgruppe die alte Erzsieberei.

Blick zurück vom Standort der Sieberei. Noch heute finden sich dort zahlreiche Fundamente. 1926 dagegen war die Anlage gerade ein Jahr in Betrieb. Oben entlädt ein schmalspuriger Zug seine Erze; unten übernimmt ein normalspuriger Zug die gesiebten Erze für den Transport nach Ilsede.

So ganz am Ende unserer Erzbahn sind wir aber noch nicht angekommen. Da auch ein Tagebau im Bereich der späteren Grube Haverlahwiese der Ilseder Hütte gehörte, verlängerte man für den Erztransport nach Ilsede kurzerhand die Schmalspurtrasse Richtung Gebhardshagen. Diese Strecke ging zum 06.08.1937 in Betrieb. Ihren ungefähren Verlauf zeigt die nebenstehende Skizze unbekannter Herkunft. Bereits wenige Monate später wurde die Bahn wieder abgebaut, denn die Reichswerke hatten auch Haverlahwiese enteignet und verlegten hier eine normalspurige Erzbahn, deren Streckenverlauf vermutlich weitgehend der alten Trasse folgte. Aber so bestand damals für einige Monate die Möglichkeit, von Döhren mit der Bahn bis nach Gebhardshagen zu fahren.

Das Bild links zeigt die Bauarbeiten an der normalspurigen Erzbahn nach Haverlahwiese entlang der Gustedter Straße in Gebhardshagen. Von rechts fährt ein schmalspuriger Bauzug ins Bild - möglicherweise auf den Resten der alten Erzbahn.

Was gäbe es noch zu schreiben? Man könnte noch seitenweise über die normalspurige Weiterführung der Erzbahn nördlich von Gebhardshagen, hinter dem Museum Salder, vor der Feuerwache Lebenstedt und die heute noch von der VPS benutzte Trasse nach Ilsede erzählen. Aber in Ilsede fahren die Züge heute durch, und über die Bahnen der Ilseder Hütte sind von anderen Autoren Bücher geschrieben worden. Worin das Bergwerk Georg-Friedrich und seine Erzbahn manchmal geflissentlich ignoriert wurden.

Nein, das würde den Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Schroederstollen sprengen. Zwischen Dörnten und Döhren liegt noch genug Arbeit vor uns. Ich bedanke mich dafür, dass Sie bis zum letzten Bild durchgehalten haben. Vielleicht begegnen wir uns einmal auf alten Trassen um Salzgitter.

 Glückauf!

Zurück zur Startseite der Homepage