Lok 22:


Hersteller: Ruhrthaler Maschinenfabrik
Typ: 18 GDL/S2
Fabrik-Nr.: 1256/1343
Baujahr: 1933/1934
Leistung: 18 PS
Dienstgewicht: 4,8 t
Zustand: Betriebsfähig, in Aufarbeitung

Indienststellung 08.08.1933 bei Händler Paul J. Weber, Brüssel, 11.09.1933 Rückkauf durch Ruhrthaler. 07.12.1934 Verkauf an Süddeutsche Eisen AG unter neuer Fabriknummer 1343. 19xx an Schrotthandel Enkenbach, 1992/93 an Privatsammlung Peter Brendlin, Mehlingen, betriebsfähige Aufarbeitung, Ersatz des Kühlergrills durch Blechvorbau. 03.2008 an Privatsammlung Roger Craven, Colchester (GB). 09.2020 Übernahme durch Arge Schroederstollen.

Diese 18 GDL/S2 und unsere 28 GDL/S2 sind mit die ältesten Lokomotiven in unserer Sammlung. Die 18er Version ist dabei die kleinere Ausgabe der 28 GDL/S2; bezogen nicht nur auf Abmessungen und Gewicht, sondern ebenfalls auf die Motorisierung. Verbaut ist ein Hatz Zweizylinder-Zweitakt-Diesel Typ H22, wogegen Lok 12 den nächstgrößeren Typ H32 besitzt. Lok 22 ist darüber hinaus eine typische Grubenlok mit tiefliegender Auspuffvorlage, verfügt aber nicht über einen Schlagwetterschutz am Ansaug- und Auspufftrakt. Ebenfalls fehlen Wassereinspritzung zur Kühlung der Motorabgase und der zugehörige Kontrollapparat. Eine elektrische Anlage ist nicht vorhanden. Das Anlassen des Motors wird klassisch mit Handkurbel, Dekompression und Zündlunten erledigt

Wie bereits bei anderen Lokbeschreibungen erwähnt, waren die Ruhrthaler Grubenlokomotiven verbreitet auf den Gruben.der Vereinigten Stahlwerke (später: Barbara Rohstoffbetriebe) im Raum Liebenburg eingesetzt. Das historische Foto zeigt eine kleine Ruhrthaler Grubenlok gleicher Bauart mit Einzylinder-Motor auf der Tagesförderbahn zwischen Schacht Bismark (Heimerode) und der Verladeanlage an der normalspurigen Anschlußbahn zur Grube Fortuna. Das Foto entstand um 1940. Der Betrieb dieser Bahn wurde eingestellt, nachdem der Schacht Bismark untertägig mit dem Grubengebäude der Grube Ida in Othfresen verbunden war. Beachtenswert ist die Beleuchtung der Lok, welche für den Luftschutz mit abgedeckten Tarnlampen ausgerüstet worden ist.

Unsere 18 GDL/S2 wurde bereits für den Vor-Vorbesitzer als Auftragsarbeit bei einem Feldbahnverein aufgearbeitet. Betrachtet man die Aufbauten genau und vergleicht mit alten Ruhrthaler Werksfotos, erkennt man schnell, dass der Vorbau dabei umgebaut wurde. Augenscheinlich fehlt die typische gelochte Ruhrthaler-Stirnfront (vgl. Bild oben). Um die Lücke zu kaschieren, wurde der Dieseltank um 180° gedreht und nach vorne versetzt. Den Freiraum im Aufbau zwischen Tank und Motorabdeckung verdeckt ein trapezförmiges Blech, allerdings ohne die üblichen längs angenieteten Winkelprofile. Die Öffnung in der Front kaschiert nun ein in Messingscharnieren klappbar gelagertes Stahlblech mit V-förmig angeordneten Lüftungslöchern.

Ein Kühler bzw. ein Lüfterrad ist nicht vorhanden. Die Motortemperierung läuft über eine mit dem Wassertank verbundene Umlaufkühlung samt an der Einspritzpumpe angeflanschter Wasserpumpe. Nichts an der Lokomotive zu suchen hat das Dach. Der Fahrersitz wurde als Fußbank tiefergelegt und stattdessen eine Rentnerbank auf der Rückfront angewinkelt angebracht. Die Puffer sind für den Betrieb mit feldbahnüblichen Kupplungen umgedreht.

Die Lokomotive holten wir noch kurz vor dem Brexit aus England zurück in die alte Heimat. Der Vorbesitzer hatte sie als betriebsbereit, aber in England nie gelaufen beschrieben. Das hätte mir zu denken geben sollen...

  Bei den ersten Startversuchen stellte sich heraus, dass das gesamte Kraftstoffsystem mit einem Diesel-Wasser-Rost-Gemisch geflutet war. Augenscheinlich war die Lok einige Zeit ungeschützt dem Wetter ausgesetzt, entprechend sahen auch Kurbelgehäuse und Getriebe aus. Zusätzlich stellten wir fest:
  • Die auf einem alten Foto noch vorhandene Wasserpumpe hatte man durch eine Hydraulikpumpe ersetzt. Mit zylindrischer Passung auf das konische Wellenende der Einspritzpumpe geklemmt. Die Ölpumpe im Wasserbad war natürlich fest und irreparabel verrottet.
  • In einer der beiden Einspritzdüsen hatte sich ein Messingdrahtfragment festgesetzt. Dementsprechend war das Spritzbild der Düse vergleichbar mit einem tropfenden Wasserhahn und der Zylinder gut verkokt. Das auch die Düsennadeln fest saßen - geschenkt.
  • Die Ventilfedern der Einspritzpumpe waren verschlissen, weshalb die Pumpe ständig in die Leckölleitung und nicht in die Düsen förderte.
  • Die Andrehkurbel für den Motor hat einen viel zu kurzen Hebelarm. Selbst mit Schwung ist es unmöglich, den Motor bei voller Kompression über den Totpunkt durchzudrehen.
  • In der elegant von unten nach oben und weiter nach unten in den Filter geführten Kraftstoffleitung hängt bei nicht vollständig gefülltem Tank eine Luftblase. Die verzögert den Kraftstoffdurchfluß derart, dass der Motor nur solange läuft, bis der Kraftstofffilter leer ist. Es sei denn, die Lok steht passend im Gefälle...

Das Dach wie auch die Sitzverbreiterung sind abgebaut, stattdessen wird der alte Lokfahrersitz rekonstruiert. Der ist zwar sehr eng, aber wir wollen damit zeigen, wie so ein Arbeitsplatz früher ausgesehen hat. Kurzfristig werden wir die Puffer/Kupplungen wieder in den bergbauüblichen Zustand umbauen. Längerfristig möchten wir die typischen Ruhrthaler-Front rekonstruieren und den Kraftstofftank an seinen ursprünglichen Platz umsetzen. Eine Vorlage dafür haben wir bei Lok 12.

Da eine Kühlwasserpumpe für diese alte Maschine nicht mehr beschaffbar ist, haben ich den Motor kurzerhand auf Konvektionskühlung umgebaut. Das entspricht durchaus den von Hatz für diesen Motor vorgesehenen Betriebszuständen. In Verbindung mit dem riesigen Kühlwasserreservoir und bei der bei uns üblichen Belastung funktioniert das. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Kühlwasserkreislauf  gereinigt.
  Für die Einspritzpumpe wurden neue passende Ventilfedern beschafft, die Steuermechanik entsprechend eingestellt und natürlich alles von Farbe und Schmutz befreit. Und siehe da: Erst bei Überdrehzahl öffnet die Pumpe den Rücklauf zum Filter. So soll es sein.
 

Und auch die typischen Hatz-Einspritzdüsen wurden gereinigt und mit feinmechanischem Werkzeug aus der Modellbahnecke wieder in Funktion gebracht. Merke: Was bei Weinert-Bausätzen hilft, paßt auch bei 0,3 mm Düsenlöchern.

Zusammenfassend kann man schreiben, dass die Lok wieder betriebsfähig ist. Einige Umbauten und Anpassungen wie z.B. die Puffer sind noch notwendig. Und zusätzlich stellten wir nach dem ersten längeren Probelauf schwungradseitig ein heißgelaufenes Kurbelwellenlager mit Wasserdampfaustritt fest. Es gibt also noch genug zu tun bei unserem alten Schätzchen.