Das Konzept der Arbeitsgemeinschaft Schroederstollen
Nach diesen Leitlinien arbeiten wir.
Das Konzept, nach dem wir unsere Arbeiten ausrichten, basiert auf drei Säulen:
Weitgehende Wiederherrichtung des Schroederstollens mit den angeschlossenen Grubenbauen
Vermittlung und Erhaltung des geologischen Aufschlusses Schroederstollen
Einrichtung eines Besucherbergwerks zum Eisenerzbergbau des Salzgitterschen Höhenzuges
Zu 1.: Weitgehende Wiederherrichtung des Schroederstollens mit den angeschlossenen Grubenbauen
Die
Schroederstollensohle stellt mit allen angeschlossenen Flügelörtern und dem
Schachtbereich Georg-Friedrich ein Streckensystem von mehr als 3 km Länge dar.
Dieses System wurde 1968 stillgelegt und seitdem in wesentlichen Teilen nicht
mehr verändert. Durch die Öffnung des Stollenmundlochs erhalten wir Zugang zu
einem Zeitfenster, welches uns den Bergbau aus der Mitte des letzten
Jahrhunderts am originalen Ort dokumentiert. Diesem Sachverhalt gilt es bei der
Sanierung Rechnung zu tragen; dieses Erbe wollen wir bewahren. Es ist daher
grundsätzlich nötig, vor Aufnahme der Sanierungsarbeiten den vorgefunden Zustand
zu dokumentieren. Dies kann im einfachsten Fall eine fotografische Aufnahme
sein, bei komplizierten Befunden kommt auch bergmännische Vermessungstechnik zum
Einsatz. Wünschenswert ist es darüber hinaus, die Befunde mit vorhandenen
Archivalien in Bezug zu setzen. Neben den von ehemaligen Bergleuten
"vergessenen" Unterlagen verfügen wir mit dem Staatsarchiv Wolfenbüttel und dem
Bergarchiv Clausthal über hervorragend bestückte Quellensammlungen, die
praktisch in Sichtweite unseres Standortes liegen.
Wenn es nun notwendig wird, für die Erhaltung oder Umnutzung Veränderungen am Befund vorzunehmen, so soll weitestgehend der
Originalzustand erhalten werden. Hier gilt das Primat "Soviel wie nötig
sanieren - so
wenig wie möglich verändern." Priorität hat bei allen Arbeiten die Sicherung der
originalen Substanz. Ist dies nicht möglich, beipielsweise um Gefahr abzuwenden
oder wenn die Originalsubstanz zu stark geschädigt ist, streben wir eine
Rekonstruktion im Zustand des letzten Betriebes an, möglichst unter Verwendung
identischer Materialien. Ist das ebenfalls unmöglich, so ist der Umbau unter
Einsatz einer gegenwärtig verfügbaren und bezahlbaren Technologie in Betracht zu
ziehen. Ein Beispiel dafür ist der Aufbau der Grubenbahn im Stollen mit Material
in 600 mm Spurweite anstelle der ursprünglichen von 780 mm.
Im Hinblick auf Rekonstruktionen ist besonders auf die Nachhaltigkeit der
Baumaßnahmen zu achten. So wäre es wünschenswert, den im Stollen auf großen
Längen vorhandenen standfesten Stahlausbau wie früher wieder mit Holz zu verkleiden. Dieser
Holzverzug wäre allerdings nach spätestens 10 Jahren verrottet und zu erneuern.
Dies würde, langfristig betrachtet, zu einer stetigen Zunahme der
Wartungsarbeiten im Stollen führen, die aufgrund der Begrenztheit der Mittel und
Arbeitskräfte auf Kosten der Erschliessung weiterer Teile des Stollens
ginge. Somit bevorzugen wir als Verzugsmaterialien Stahl und Beton, wozu auch
die Betriebsleitung des Bergwerks ab den 50er Jahren vermehrt überging.
Zu 2.: Vermittlung und Erhaltung des geologischen Aufschlusses Schroederstollen
Mit der Auffahrung
des Schroederstollens von 1923 bis 1925 wurde zum ersten Male ein durchgängiges
geologisches Profil des Salzgitterschen Höhenzuges und seiner beiden Erzlager
erschlossen. Dieses beinhaltet ein Schichtenprofil, welches vom Emschermergel der
Oberkreide bis in den Oberen Buntsandstein des Trias reicht, und sich in vielen
Schachtanlagen Salzgitters wiederfand. Die Bedeutung des Aufschlusses wurde in
den Schriften von Henry Schroeder, Fritz Dahlgrün und Heinz Kolbe mehrfach
dargelegt. Nicht zuletzt belegt der Versuch Kolbes, den Stollen nach der
Einstellung des Erzabbaus als Studien- und Forschungsobjekt für Geologen
erhalten zu wollen, dessen Wichtigkeit.
Der Bergbau in Salzgitter ist seit 1982 Geschichte und auch seine Aufschlüsse
fallen Baumaßnahmen zum Opfer oder sind inzwischen zugewachsen und verwittert.
Im Schroederstollen ist die regionale Geologie dagegen erhalten und derzeit bis
zum Minimuston des Alb zugänglich. Wir machen uns die Überlegungen Kolbes
zueigen und sichern den Aufschluß für Forschungsarbeiten und
Lehrveranstaltungen. Dazu sollen weite Teile des Ausbaus unverkleidet bleiben oder mit
Fenstern versehen werden.
Neben Fachbesuchern möchten wir auch interessierten Kleingruppen das Erlebnis
Erdgeschichte bieten, denen im Stollen vor allem die farbenprächtigen
Gesteinsschichten und zahlreichen Fossilien imponieren werden. Der Abbau und
Verkauf von Fossilien im großen Maßstab ist aus finanziellen Gründen zwar
verlockend, zerstört aber langfristig die Fundstätte. Wir werden
daher nach Möglichkeit die Fossilien vor Ort belassen und dort präsentieren.
Zu 3.: Einrichtung eines Besucherbergwerks zum Eisenerzbergbau des Salzgitterschen Höhenzuges
Was zu den
geologischen Aufschlüsse gesagt wurde, gilt in verstärktem Maße ebenfalls für
die baulichen Zeugen des Eisenerzbergbaus. Sämtliche Fördergerüste bis auf
Schacht Konrad sind verschwunden. Die Tagesanlagen und Tagebaue sind mit wenigen
Ausnahmen zu Industriebrachen oder Naturschutzgebieten umgewandelt worden; die
Anzahl erhaltener Gebäude nimmt stetig ab. Noch schlimmer stellt sich die Bilanz
bei den untertägigen Anlagen dar. Diese sind sämtlich bis auf eine Ausnahme
verfüllt oder geflutet. Die Ausnahme ist der Schroederstollen. Weil sein System
zurzeit aber nur zur Hälfte zugänglich ist, kann auch hier kein Erzabbau gezeigt
werden. Es handelt sich bei diesem Bereich vielmehr um einen Förderstollen,
durch den bis zu 2000 t
Erz pro Tag mit der Grubenbahn abgefahren wurden. Wir planen, den Stollen
ab dem Hauptbruch bei 1200 m weiter aufzuwältigen und würden dort bereits nach 30 m
das unverritzte Erzlager der Ostflanke erreichen. Sehr langfristig ist es
möglich, die Bereiche und Abbaureviere um den Schacht Georg-Friedrich, die
überwiegend in standfestem Erz stehen, wieder
zugänglich zu machen. Dies würde
Maschinenräume, Lokschuppen, Füllort und Sprengstoffkammer beinhalten sowie
weitere Streckensysteme unter dem Glockenberg und der Eisenkuhle. In diesem
Anlagen wäre Raum für das einzige Besucherbergwerk zum Salzgitteraner
Eisenerzbergbau, einem Besucherbergwerk, dass in diesem Ausbauzustand keine
Wünsche offen lassen muß.
Gemäß dem unter Punkt 1 gesagten möchten wir den Besucherbereich möglichst
authentisch gestalten. Das bedeutet zum Einen, vom Einbau unpassender
Einrichtungen wie vermeintlicher Bergmannskapellen unter Tage abzusehen, zum Anderen eine
klare Distanzierung vom Massenbetrieb, der über Tage Großparkplätze und dem
Zeitgeschmack unterworfene Neubauten, unter Tage Festsäle, Inszenierungen und
Eventkultur mit sich bringt. Unsere Besucher sollen sich dem Berg anpassen.
Anstelle einer durchgehenden Beleuchtung werden Helme mit Kopfleuchten
ausgegeben, so dass sich die untertägigen Strukturen so präsentieren, wie sie auch
der Bergmann gesehen hat. Auf Events wie Hochzeiten und andere Gelage im
Bergwerk verzichten wir gerne, dafür erhält der Besucher auf Wunsch die Gelegenheit,
selbst mit bergmännischem Gerät zu arbeiten. Spezialführungen zu bestimmten
Themengebieten können von kleinen Gruppen gebucht werden.
Umfangreichen Raum wird im Besucherbergwerk neben dem Eisenerzbergbau der
gleisgebundenen Förderung unter Tage eingeräumt. Dabei beziehen wir uns auf den
eigentlich Zweck des Schroederstollens, dessen Aufgabe es war, die Erze des
Bergwerks Georg-Friedrich per Bahn zum Übergabebahnhof vor dem Stollenmundloch
in Döhren zu transportieren. Der Bahnhof wiederum war Ausgangspunkt einer
schmalspurigen Erzbahn nach Salzgitter, die in ihrem Betrieb
kleinbahnähnliche Strukturen aufwies. Der Betrieb von Dampf, Diesel-, Benzol- und
Fahrdrahtloks auf unserer Erzbahn ist belegt.
Von den Bahnen existieren leider nur noch
Trassen, im Stollen Schwellen und Fahrleitungshalter. Ein Neuaufbau ist notwendig, wobei
auf gebrauchtes Material aus aktivem Bergwerken und Museen zurückgegriffen werden
muß. Hiermit bietet sich die Chance, die Materialbeschaffung so zu steuern, dass
eine aussagekräftige Sammlung zum Einsatz von Eisenbahnen im Bergbau entstehen
wird. Dieses
Thema ist in vielen Bergbaumuseen schlecht oder gar nicht aufbereitet worden,
wogegen Bahnfahrten aufgrund ihrer Attraktivität gerne in Konzepte integriert
werden - auch in
Stollen, in denen nie eine Lok gefahren ist. Die Grubenbahn des
Schroederstollens dagegen hat eine Geschichte. Jede unserer Loks hat eine
Geschichte. Und weil regelrechte Grubenbahnmuseen selten sind, bietet es sich an, die Sammlung großräumiger zu fassen und
neben dem Eisenerzbergbau auch Bezug auf den benachbarten Kalibergbau im
Großraum Hildesheim, Hannover und Harzvorland zu nehmen. Platz ist bei einem
Stollenquerschnitt von 3,30 x 2,50 m ausreichend vorhanden.
Ein anspruchsvolles Konzept mit geringem Besucherdurchsatz setzt in Zeiten knapper kommunaler Mittel voraus, dass der Betrieb von Spenden, privaten Mitteln und ehrenamtlicher Arbeit getragen wird. Wir haben dafür den Förderverein Schroederstollen e.V. gegründet, der inzwischen auf einen engagierten Mitarbeiterstamm blicken kann. Unsere Leute wissen im Gegensatz zu so manchem Museumswissenschaftler aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, eine Schicht lang Förderwagen beladen zu haben. In unseren überschaubaren Strukturen können Mittel effizienter eingesetzt werden, als in manchem von Steuergeldern getragenem Landesmuseum - und nicht weniger professionell. Unsere Besucher werden dies zu honorieren wissen.