Lok 23:


Ehemalige Lok Auguste Victoria 73

Hersteller: Bedia/Rensmann.
Typ: D105/17B T(a)
Fabrik-Nr.: 320 (Bedia) bzw. 201150.0 (Rensmann)
Baujahr: 1995/2009
Leistung: 74,5 kW
Dienstgewicht: 17 t
Getriebe: Voith-Wandler
Zustand:
rollfähig

Indienststellung 10.1995 auf Zeche Auguste Victoria in Marl, 2009 Umbau bei Fa. Rensmann, Remotorisierung mit Abgasaufladung, vermutlich bis 2016 im Einsatz auf der 6. Sohle, dann eingelagert in den Tagesanlagen 3/7 ab 12.2016, 2020 Abgabe an ArGe Schroederstollen.

Lok 23 ist unsere größte Maschine und gleichzeitig eine unserer jüngsten. Schon vor der Entwicklung der D105-Reihe hatte die Fa. Bedia die Ersatzteilversorgung und Wartung für Deutz-Grubenlokomotiven übernommen. Konstruktionstechnisch waren die Bedia-Lokomotiven oft eine Weiterentwicklung alter Deutz-Typen. So hat auchdie D105 zwei Endführerstände, einen wassergekühlten 6-Zylinder-Deutz-Motor und eine Kraftübertragung über einen Voith-Wandler mit hydraulisch gesteuerter Richtungsumschaltung und einem mechanisches Achsgetriebe erhalten. Bedia ging 1998 in die Insolvenz; der Lokbau wurde von Fa. Bräutigam übernommen. Bräutigam hat den Lokomotivbau im Jahr 2020 eingestellt.

Foto: Mit herzlichem Dank an André Thissen

Steigende Anforderungen bei Abgaswerten, Sicherheit und die technische Weiterentwicklung fordernden Änderungen im maschinellen Konzept. Mit dem für 2018 angeordneten Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus war die Entwicklung einer neuen Lokbaureihe aus wirtschaftlicher Sicht nicht vertretbar. Die Modernisierung der wenigen noch betriebenen schweren Diesellokomotiven erschien angebracht. Fa. Rensmann in Dortmund erhielt den Auftrag und entwickelte einen Umbauplan. Der 6-Zylinder-Deutz wich einem wassergekühlten höhertourigen 4-Zylinder-Dieselmotor mit Abgasturbolader vom Fabrikat John Deere und einem Trockenabgaskühler. Da der Wandler bei den hohen Drehzahlen eine größere Ölmenge benötigt, wurde ein zweiter Hydrauliktank parallel angeschlossen. Anstelle des Druckluftanlassers baute man eine batteriegestützte elektrische Versorgungseinheit mit E-Anlasser und 24 V-Lichtmaschine als Insellösung ein. Die eigentliche elektrische Anlage mit separater Lichtmaschine blieb unverändert. Den Tank verlegte man vom Dach nach unten anstelle des nicht mehr benötigten Abgaswäschers. Die Grundlackierung änderte man von gelb/blau in das aktuelle RAG-Farbschema weiß/schwarz.

Rensmann lieferte im November 2012 seine letzte Grubenlokomotive aus. Dabei handelt es sich um die Schwesterlokomotive AV 57. Als wenige Wochen später das Bergwerk West die Produktion beendete, versuchte die RAG die dort stationierten 25 schweren Akkuloks vom Typ REL A in die Türkei zu verkaufen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ihre gesamte Einsatzzeit verbrachte unsere Lok auf der Zeche Auguste Victoria in Marl. Nach der Einstellung der Förderung im Dezember 2015 fand sie noch Verwendung beim Rückbau der 6. Sohle, wurde im Dezember 2016 für den Transport nach über Tage zerlegt und im Bereich der Schachtanlage 3/7 abgestellt. Mit der Perspektive der anstehenden Verschrottung wurde die Lok von den Bergleuten nicht  gerade schonend behandelt. Erfreulicherweise gelang es uns, anläßlich der anstehenden Räumung des Standortes Auguste Victoria den Teilebestand von Lok 73 in den Bestand unserer Sammlung zu übernehmen.

Tatsächlich war diese Maschine oft im Brennpunkt des medialen Interesses. Sie ist nicht nur Motiv zahlreicher Fotos aus der aktiven Betriebszeit, sondern sie fährt sie auch in dem Video "Auguste muß sterben" von Zeit-Online ab Minute 1:10 zweimal durch das Bild.

Nachdem der Autokran die Maschine auf unseren Gleisen abgesetzt hatte, wurde eine erste Durchsicht erledigt. Wie üblich war die Maschine extrem verschmutzt, es fehlen die Sitze, eine Scheibe, die hydraulische Anlage der Fahrerkabine 1 und die Abgaseinheit). Leider auch üblich sind die abgeschnittenen Kabelverbindungen zu den Fahrständen und die zahlreichen unbenannten Hydraulikschlauchanschlüsse. Aufgrund eingedrungenen Regenwassers in den Laufbuchsen läßt sich der Motor nur eine halbe Umdrehung durchdrehen. Der Einspritzleitungsbereich unter dem Kopfkühler ist durch stehendes Regenwasser ein Totalausfall.

Nach einer Grobreinigung wurden zunächst Fahrerkabinen und Puffer montiert. Bei einem Gewicht einer pufferlosen Fahrerkabine von 3 t klingt das einfacher als getan, zumal fast alle Helicoil-Einsätze im Maschinenrahmen erneuert werden mußten. Fahrerkabine 2 wurde grundlegend aufgearbeitet, die Hydraulik neu verschlaucht und mit dem Maschinenrahmen verbunden. Für Fahrstand 1 fehlt leider die komplette Installation, insbesondere das Fahrsteuerventil. Die gesamte eigensichere elektrische Steuerung wurde durch einfaches Ölflex-Kabel ersetzt und funktioniert (mit separatem Netzteil) wieder. Fa. Scharf kann den in EHB-Katzen DZ 66 verbauten baugleichen Abgaskühler nicht mehr liefern. Fa. Fernsig ruft alleine für eine neue Lambda/4-Funkantenne 760 € auf, dann wird es eben nichts mit Grubenfunk. Als Sitz haben wir anstelle des sowieso nicht verfügbaren 1.000 €-Modells einen ähnlichen 100 €-Rasenmäher-Traktorsitz verbaut. Das alles hat natürlich keine ATEX-Zulassung, bleibt aber im bezahlbaren Rahmen.
Inzwischen sind auch die restlichen Dach- und Seitenbleche wieder angebaut. Die Bremse läßt sich im Abschleppbetrieb über die Handpumpe öffnen - die Lok ist wieder rollfähig.
Von einem befreundetem Verein konnten wir erfreulicherweise einen neuwertigen Motor Typ Rensmann RM 4.5T (John Deere Power Tech 4.5 mit axialer Einspritzpumpe und bergbautypischen Anpassungen) übernehmen. Dieser Motor diente zu Ausbildungszwecken bei der RAG und hat augenscheinlich keine Betriebsspuren. Ein Tausch der Motoren ist für die nächsten Jahre vorgesehen. Damit wäre die Maschine wieder aus eigener Kraft fahrfähig.