Stollenlokomotiven


Unter der Bezeichnung "Stollenloks" verstand man auf Georg-Friedrich die vier Fahrleitungslokomotiven, deren Hauptaufgabe der Zugbetrieb von den Erzbunkern am Hauptschacht durch den Schroederstollen bis zum Bahnhof vor dem Stollenmundloch war. Daneben wurden die Maschinen auch an das von Georg-Friedrich betreute Bergwerk Anna & Hoffnung in Liebenburg verliehen oder übernahmen bei Lokmangel  den Zugbetrieb auf der Erzbahn nach Salzgitter, der Steigungen wegen mitunter in Doppeltraktion. Man kann sagen, dass diese Lokomotiven eine bewegte Geschichte haben.

Beschafft wurden die Loks für die 2 km lange Erzbahn vom Glockenbergschacht  zum Sturzgerüst am Bahnhof Dörnten. Auf der seit 1879 betriebenen Bahn waren Pferde zum Ziehen der Züge eingesetzt. Nachdem aber im Mai 1910 in den Tagesanlagen eine Kolbendampfmaschine mit angeschlossenem 200-PS-Generator in Betrieb ging, konnte man auch den Bahnbetrieb elektrifizieren. Die ersten beiden Maschinen wurden 1911 geliefert (Fabrik-Nr. 461 und 462), 1917 folgte eine zweite Serie von abermals zwei Exemplaren (Fabrik-Nr. 1225 und 1226). Ihre Maschinendaten bei Auslieferung waren:

Fabrikat: Siemens-Schuckert Werke GmbH.
Spannung: 440 V Gleichstrom
Leistung:  56 PS Normal-, 86 PS Höchstleistung
Geschwindigkeit: 15 km/h
Zugkraft: 15 Wagen a 4,0 t Nutzlast
Dienstgewicht: 12,0 t
Länge: 4300 mm
Breite: 1650 m
Höhe ohne Stromabnehmer: 2800 mm
Achsabstand: 1600 mm
2 Fahrmotoren, 8-teilige Klotzbremse auf alle 4 Räder, 2 Geschwindigkeiten über Reihen- und Parallelschaltung der Motoren, Anfahrwiderstände, Kurzschlußbremse, Blitzableiter.
Höhe des Fahrdrahts: 5,5 m (Profilkupfer 55 mm²)

So zogen diese Lokomotiven Züge mit 15 bis 20 Wagen, besetzt mit drei Bremsern zum Verladebahnhof Dörnten an der Staatsbahnstrecke Goslar - Hildesheim. Dort hatte man 1910 das hölzerne Sturzgerüst durch eine Stahlbetonkonstruktion ersetzt, auf der im Bild ein Leerzug für die Rückfahrt zur Grube bereitgestellt wird.

Da die Fahrleitung bis in den Tagbau Glockenberg verlegt war, erledigten die vier Maschinen auch die anfallenden Rangierarbeiten in den Tagesanlagen am Glockenbergschacht. Die Zustellung der Wagen aus den Stollen zum Bahnhof erledigten die bereits beschriebenen Akkumulatorlokomotiven

An und für sich waren diese Loks sehr formschöne und durchaus typische Konstruktionen ihrer Zeit. Dies sollte sich bald ändern.

Mit der Inbetriebnahme des Schroederstollens wurde die Erzbahn nach Dörnten überflüssig. Alleine das Gleis auf die unterhalb der Schachtanlage liegende Halde blieb noch einige Jahre in Benutzung; hier allerdings übernahmen Dampflokomotiven die Bedienung. Die vier Fahrdrahtlokomotiven sollten nun hauptsächlich den Verkehr im Schroederstollen und auf den angeschlossenen Strecken durchführen. Bei einer niedrigsten Fahrleitungshöhe von 2,20 m im Stollen und bis zu 5,5 m bei Bahnübergängen über Tage waren dafür einige maßgebliche Umbauten notwendig, welche von den Werkstätten der Ilseder Hütte 1926 erledigt wurden.

Für den Betrieb im Stollen mußte vordringlich die Höhe der Aufbauten reduziert werden - Führerhausdach auf 2,0 m, Vorbauten für bessere Sicht auf die Strecke auf etwa 1,20 m. Beibehalten wurden zunächst die drei ovalen senkrechten Fenster in den Führerhausfronten. Der Stromabnehmer wurde als Scherenkonstruktion neu aufgebaut. Um die wechselnden Höhen der Fahrleitung ausgleichen zu können, wurde die Schere so konstruiert, dass sie um den Lokrahmen herum klappen konnte. Maschinentechnisch änderte man nichts an den Fahrzeugen, optisch war eine originelle Maschine entstanden, wie sie in dieser Ausführung nur bei den Bergbaubetrieben der Ilseder Hütte im Einsatz stand.

Ab 1926 verkehrten die vier umgebauten Lokomotiven zwischen dem Bahnhof Groß-Döhren und dem unterirdischen Verladebahnhöfen 2,2 km hinter dem Stollenmundloch am Glockenbergschacht sowie an den Erzbunkern Eckloch (Eisenkuhle) und Nordloch (Fastberg-Barley). Die Zuglänge betrug unter Tage 15 zweiachsige Wagen, aus denen in Groß-Döhren Streckenzüge zu jeweils 30 Wagen zusammengestellt wurden.

Prinzipiell wurde dieser Betrieb ohne größere Änderungen bis zur Stilllegung im Sommer 1968 so durchgeführt. Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurden noch die Fenster der Lokomotiven auf eine waagerechte Einbaulage umgebaut, was sich aus dem reduzierten Querschnitt durch Ausbauverstärkungen in einzelnen Bereichen des Stollens ergab. Als erste Lokomotive außer Dienst gestellt wurde Lok Nr. 1 (Fabr.-Nr. 1225). Wenige Jahre vor Schluß fand sie als Ersatzteilspender abgestellt auf Gleis 5 Verwendung, wo sie im Frühjahr 1968 dem Schneidbrenner zum Opfer fiel. Letztendlich wurden alle Lokomotiven verschrottet.